Angedacht
Liebe Gemeinde,
„Wo ist er denn nun, dein Gott?„ Die Frage ist schwer zu beantworten, wenn die Opfer der Fluten im Ahrtal oder anderswo ertrinken, wenn das Kinderkrankenhaus in Kiew bombardiert oder die Schule im Gazastreifen beschossen wird. Sie ist auch schwer zu beantworten, wenn ich beim Notfallseelsorge-Einsatz für Menschen da bin, die einen geliebten Angehörigen unerwartet und viel zu früh verloren haben. „Wo ist er denn nun, dein Gott?„ Eine Antwort darauf weiß ich nicht.
Für das Jeremia-Buch, geschrieben vor mehr als 2.500 Jahren, war das ganz einfach: Wenn sich die Menschen schlecht benehmen, ist Gott weg; nur wenn sie sich zu Gott halten, ist er da. Der Monatsspruch für September macht das deutlich: „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht auch ein Gott, der ferne ist?„ (Jeremia 23, 23)
Ich glaube allerdings, dass es Jeremia mit diesem Satz nicht nur um die Fehler von Menschen ging. Vielmehr hat er eine generelle Erkenntnis aufgeschrieben: Manchmal scheint Gott nicht nur fern zu sein; manchmal ist er einfach fern.
Zweierlei lässt mich aber trotzdem an ihm festhalten: Zum einen verheißt Gott uns am En-de der Bibel eine Welt und eine Zeit, wo er selbst mitten unter uns wohnen wird (Offenbarung 21, 3), also gar nicht mehr fern sein kann. Zum anderen ist uns versprochen, dass Gott die Wunden, die das Leben reißt, heilen kann und heilen wird: „Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.„ (Psalm 147, 3, Monatsspruch für August)
„Wo ist er denn nun, dein Gott?„ Ich weiß es immer noch nicht und verstehe ihn zeitweise immer noch nicht. Aber meine Hoffnung und Erfahrung ist: Wenn ich trotzdem auf ihn baue, zeigt er seine Nähe ein andermal; und dann heilt er nach und nach die Wunden meines Lebens. Das hilft mir hier und jetzt … und wird mir helfen am Ende der Zeit, wenn er mitten unter uns wohnen wird.
„Wo ist er denn nun, dein Gott?„ Da, weiß ich, ist er nun; und dort wird er dann sein.
Ihr
Daniel Lischewski, Pfr.
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