Angedacht
Liebe Gemeinde,
wir warten. In brütender Hitze stehen wir seit über einer dreiviertel Stunde an der Bus-haltestelle in Rom. Der Schatten der wenigen Bäume hilft nicht wirklich. Etliche Busse kommen, aber keiner der Linie, mit der wir fahren wollen. Einen Fahrplan gibt es nicht, aber der Bus zu den Callixtus-Katakomben soll alle 20 Minuten fahren. So jedoch werden wir es nicht schaffen, zum gebuchten Zeitfenster vor Ort zu sein. Aber wir warten weiter.
Als der Bus endlich kommt, erzählen uns andere Fahrgäste, dass sie zwei Stunden gewartet haben.
Wir warten. Seit zweieinhalb Jahren wütet der Krieg in der Ukraine, seit knapp einem Jahr der in Palästina – von den vielen kleinen gar nicht erst zu reden. Manche Kriegspartei ging von nur einem oder drei Tagen aus. Wir aber warten auf ein Ende, auf Frieden und Gerechtigkeit – allerdings sind sie nicht in Reichweite. Ältere Leute erzählen, dass sie noch viel länger auf das Ende von Kriegen gewartet haben.
„Wir warten. Auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.„ (2. Petrusbrief 3,13) Der Monatsspruch für November (eigentlich ohne Punkt nach dem zweiten Wort) geht davon aus, dass warten zum Leben dazugehört – und zwar das Warten auf Gott: sein Eingreifen, seine Gerechtigkeit, seine Liebe. Den neuen Himmel und die neue Erde hat er ja schließlich versprochen. Gewartet haben Menschen darauf schon vor 2.000 Jahren.
Aus meinem Glauben heraus gehe ich davon aus: Es ist nicht vergeblich – wie das Warten auf den Bus, wie das Warten auf den Frieden. Das macht mir Mut und gibt mir Hoffnung – nicht nur ein Bus und der Frieden lassen auf sich warten. Aber irgendwann kommen sie eben doch. Gott lässt auf sich warten – und wird irgendwann kommen und diesen neuen Himmel und diese neue Erde für uns bereitstellen.
Mit meinem Gott, bin ich mir sicher, wird mir das nicht so gehen. Vielleicht muss ich zwei Stunden statt 20 Minuten warten; aber mit ihm komme ich ganz sicher ans Ziel.
Ich warte. Auf den neuen Himmel und die neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt. Ich warte auf meinen Gott. Und der gibt mir Schatten, der mich vor der größten Hitze beschützt, bis er kommen wird. Mögen Sie ihn genauso erleben.
Ihr
Daniel Lischewski, Pfr.